Merz-Attacke auf unsere Demokratie
Von der Seele reden
06.02.2025
Von der Seele reden – der Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller, Politik- und Medienwissenschaftler und Vorstand der „Stiftung: Christliche Werte leben“.
Jeden Donnerstag um 20:45 Uhr im Radio und bereits vorab hier den ausführlichen Kommentar online hören. Mehr Infos zur Stiftung auf www.christlichewerteleben.de
Merz-Attacke auf unsere Demokratie
Die Abstimmungen im Bundestag zur Migrationspolitik sind vorbei, doch die politischen Nachwehen dauern an. SPD und Grüne zweifeln an der Glaubwürdigkeit von CDU-Chef Merz. Demonstrationen landauf landab, Parteiaustritte aus der CDU, auch von einigen Prominenten, kein Erfolg bei den erfragten Wählerstimmen, sogar 1% weniger.
Nach einer turbulenten Plenarwoche im Bundestag sieht Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz keine eigenen Fehler - er würde alles noch mal genauso machen. Auf dem CDU-Parteitag keine Reue, sondern inszenierter Optimismus.
Aus Sicht von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat Merz ein Tabu gebrochen. Dass der Unionsantrag für Zurückweisungen an deutschen Grenzen mit Hilfe von Stimmen der AfD eine Mehrheit bekam, sei "ein Jammer für die Union und ein Schaden für die gesamte Demokratie", sagte Pistorius im Interview mit dem Tagesspiegel. Merz habe "Vertrauen zerstört und an Glaubwürdigkeit eingebüßt", da er entgegen seinen Aussagen im November nun doch Mehrheiten mit der AfD gebildet habe. Merz' Wortbruch wiege schwer, sagte Pistorius auch mit Blick auf eine mögliche Koalition mit der Union nach der Wahl. Es bleibt abzuwarten, ob SPD und Grüne nicht wieder einknicken und nicht dabei bleiben, dass eine Koalition mit Merz als Kanzler nicht mehr möglich ist. Um Deutschland überhaupt demokratisch regieren zu können, müsste die CDU dann Herrn Wüst aus NRW holen und Merz in die Wüste schicken. Der NRW-Ministerpräsident ist ein Politiker, mit dem jede demokratische Fraktion im Bundestag koalieren kann und so würden die nächsten vier Jahre auch kein Desaster für Deutschland, es könnte in die richtige Richtung einiges passieren.
Ein Gewinner des Merz-Manövers jedenfalls steht fest: Die nationalradikale AfD. Die kann ihr Glück momentan kaum fassen. Ihr bester Wahlkämpfer heißt: Friedrich Merz. Ohne Not hat der Unions-Chef seine Versprechen gebrochen, auf „Zufallsmehrheiten“ mit der AfD zu verzichten. Dieser für Deutschland nach 1945 beispiellose Tabubruch war ganz allein die politische Entscheidung der Union – Merz hohe Stirn wird so zur Abrissbirne der Demokratie, schreibt die taz.
Ich bin ein wenig stolz auf große Teile unseres Volkes, die durch Demonstrationen, Parteiaustritte und Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag gezeigt haben, dass wir es uns nicht gefallen lassen, wenn ein Kanzlerkandidat populistisch Forderungen aufstellt, die gegen unsere Verfassung, gegen EU-Richtlinien und die Menschenrechtskonvention verstoßen, um auf menschenverachtende Weise Wählerstimmen zu gewinnen.
Und eines dürfen wir auch vergessen: Solche Vorstöße ohne Differenzierungen sind ausländerfeindlich und versetzen viele friedliche und in Arbeit befindliche Ausländer/innen bei uns in Angst und Schrecken.
Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Woche, aber bitte bleiben Sie achtsam.