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Ein Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller
  • Von der Seele reden

Wir brauchen eine Haftpflicht für Politiker

Von der Seele reden | Folge 611

25.07.2024

Von der Seele reden – der Kommentar von Prof. Dr. Klaus-Dieter Müller, Politik- und Medienwissenschaftler und Vorstand der „Stiftung: Christliche Werte leben“.

Jeden Donnerstag um 20:45 Uhr im Radio und bereits vorab hier den ausführlichen Kommentar online hören. Mehr Infos zur Stiftung auf www.christlichewerteleben.de


Wir alle erinnern uns gut an die Affaire der Frau von der Leyen (CDU) im Verteidigungsministerium, deren Aufklärung mit dem Verlust des Diensthandys beendet wurde oder an den Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der Verträge mit Mautfirmen abschloss, bevor gerichtlich entschieden wurde, ob eine solche Maut überhaupt rechtens war. Aktuell wird es den Steuerzahler 120.000.000 Millionen kosten, dass der damalige Gesundheitsminister Spahn (CDU) unachtsam und blauäugig Verträge mit Maskenherstellern vereinbart hat.

In unserem Rechtsstaat gilt grundsätzlich: Wer für einen anderen arbeitet, haftet diesem anderen für die Güte seiner Arbeit. Nur Politiker brauchen das nicht. Bürger müssen deren Fehler hinnehmen. Deshalb brauchen wir eine rechtliche Modernisierung in Gestalt einer Haftpflicht für Politiker, fordert der Jurist Carlos A. Gebauer in der Wirtschaftswoche. Wer weiß, dass er haften könnte, verhält sich von vornherein vorsichtiger. Die Gefahr ist, dass unsere politisch Verantwortlichen dann noch weniger entscheiden und alles den Bürokraten überlassen. Schon heute stammen mehr als 80 % aller Gesetzentwürfe aus der Verwaltung und nicht aus Politikerhand.

Politiker/innen müssen Entscheidungen für eine Zukunft treffen, die sie nicht kennen können. Das müssen Manager/innen auch. Ein Unternehmensvorstand muss aber im Nachhinein erklären, darlegen und notfalls beweisen können, dass er mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes gehandelt hat. Dass er alle verfügbaren Informationen berücksichtigt und wenn nötig, Sachverständige zurate gezogen hat. Warum sollten wir von Politikern weniger Qualität verlangen? Wir brauchen Mut zur richtigen Entscheidung, nicht ein rechtliches Vakuum für Übermut.

Aber wie tragen Politiker Verantwortung für ihr Handeln, für ihr Tun und Lassen, ihre Gesetze, Verordnungen, Verträge, Verhandlungen? Aus heutiger Sicht waren sehr, sehr viele Entscheidungen der Vergangenheit falsch. Sie mussten oder müssen noch korrigiert werden, aufwendig und teuer. Unsere Städte müssen umgebaut werden wegen Klimawandel, Mobilitätswandel, veränderter Demografie. Die meisten Wohnungen in öffentlicher Hand wurden privatisiert, heute fehlt der bezahlbare Wohnraum. Die Ost-West-Politik wurde zum großen Fehler und die gesamte Verteidigungspolitik zum Desaster erklärt, was unter anderem mit gigantischen 100 Milliarden Euro extra repariert werden soll. Es gibt für Politiker auch keine Disziplinargerichte wie beispielsweise für Soldaten, und die alt-griechische Praxis der zeitweisen Verbannung muss auch niemand mehr fürchten. „De facto ist die einzige Form der Verantwortungsübernahme bei missglückter Politik das Karriereende. Präventiv wirken kann dies jedoch nur, wenn Rücktritt oder gar Rausschmiss ohne lukrativen Wechsel in die Wirtschaft als echtes persönliches Risiko drohen. Doch dafür kommt es wohl zu selten vor“, höre ich auf Deutschlandfunk. Für die strafrechtliche Verantwortung von Amtsträgern sind insbesondere die sogenannten Amtsdelikte nach dem Strafgesetzbuch relevant. Bei den Amtsdelikten wird zwischen den „echten“ und den „unechten“ Amtsdelikten unterschieden. Echte Amtsdelikte können nur von Amtsträgern begangen werden. Der Begriff ist gesetzlich in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB definiert und umfasst neben Beamten und Richtern auch Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen. Hierunter fallen, wie bereits erwähnt, auch die Bundesminister, wenn sie nicht rechtzeitig in Amtshandy verlieren.

Auch wenn Politiker/innen nur eine Haftpflichtversicherung abschließen müssten, wäre doch uns Steuerzahlern schon gedient. Aber auch die großen Versicherungsgesellschaften bieten so eine Versicherung für unsere Politiker nicht an. Ein Schuft, der Schlechtes dabei denkt. Und so werden wir auch weiterhin nur die Möglichkeit haben, besonders teures Versagen an der Wahlurne abstrafen zu können.

Ich wünsche Ihnen eine sehr glückliche Woche, aber bitte bleiben Sie achtsam.